Mathias Nagel M.A.: Kommentar zur Edition des Schöppenbuchs von Alt-Jauernick/Stary Jaworów (1559-1629)

1. Provenienz/Datierung/Lokalisierung:
 
    Der Herausgeber erwarb das Buch im Dezember 2009 beim Leipziger „Antiquariat Neumann-Walter” als „Erbbuch, Süddeutschland, dt. Handschrift 1559-1606”. Internetrecherchen ergaben, dass es am 14. Oktober 2009 als „Lot 1005 / Erbbuch von 1559: Deutsche Handschrift auf Papier, Ldr. d. Z.” im Berliner Auktionshaus „Galerie Bassenge” vom „Antiquariat Neumann-Walter” ersteigert wurde. Da es keine Signaturen, Stempel oder sonstigen Besitzvermerke aufweist, ließ sich über seine vorherige Provenienz bislang nichts ermitteln. Seit Mai 2017 gehört das Buch zum Bestand der Staatsbibliothek Berlin Preußischer Kulturbesitz und wird dort unter der Signatur MS. GERM. FOL. 1742 geführt.
    Es wurde 1559 als SCEPPENBVCH ZU / YORNICK (Einbandprägung, s.u.) angelegt. Aus diesem Jahr stammt auch der erste Eintrag (Nr. 1, 24. August 1559). Die letzten Eintragungen erfolgten 1629 (Nr. 477, Fastnacht; Nr. 584, ohne Tagesangabe; Nr. 1035, Weihnachten; Nr. 1058, 8. Januar) und belegen somit eine Abfassungszeit von 70 Jahren.
    Der in zahllosen Einträgen genannten Gerichts- und Abfassungsort begegnet in unterschiedlichen Varianten bzw. Schreibweisen: Yornick, Gawraw, Joraw, Jaurnick, Jawrnigk, Jawernigk u.a.m. Durch Nennung der Nachbardörfer (Wickendorf, Arnsdorf, Tunkendorf, Bunzelwitz und andere Orte der Region) sowie der Nachbarstadt Schweidnitz wird klar, dass es sich um das Dorf Jauernick bzw. Alt-Jauernick nordwestlich von Schweidnitz im ehemaligen Landkreis Schweidnitz handelt, das seit 1945 Stary Jaworów heißt und heute zur Gmina Jaworzyna Śląska gehört. Auch das verwendete Papier (s.u.) verweist mit seinem Wasserzeichen (Schwein des Schweidnitzer Stadtwappens) auf die Region Schweidnitz.

2. Einband:

- Maße: 33 x 22 x 7 cm.
- Dunkelbrauner, restaurierter Ledereinband auf Pappe. Bei Erwerb waren zwei neue lederne Schließenbänder an den Deckeln angebracht, wobei unklar ist, ob sich ursprünglich solche Bänder am Buch befanden. Vorder- und Rückendeckel sind reichhaltig mit umlaufenden Rollenstempeln, Einzelstempeln und Streicheisen verziert. Im Mittelfeld des Vorderdeckels befindet sich ein Plattenstempel, der die Taufe Christi im Jordan zeigt (Unterschrift: JOHANNES AM ERSTEN). Darüber sind wie bereits erwähnt die Worte SCEPPENBVCH ZU / YORNICK eingeprägt, unter dem Plattenstempel die Jahreszahl MDLVIIII.

3. Papier/Buchblock/Anlage:

    Insgesamt sind 296 alte Blätter vorhanden. Hierbei wurden zwei Vorsatzblätter (zu Beginn und Ende; bei der Restaurierung ergänzt) nicht mitgezählt. Viele Blätter weisen ein Schwein als Wasserzeichen auf. Das Papier stammt somit wahrscheinlich aus einer Schweidnitzer Papiermühle.
    Die Blätter wurden von alter Hand foliiert, wobei das Titelblatt und die letzten drei dem Register vorbehaltenen Blätter von der Foliierung ausgenommen sind. Die Blätter 83, 194 und 234 sind doppelt vorhanden. Blatt 180 und 181 wurden herausgetrennt. Zwischen Blatt 24 und 25 befindet sich ein zusätzlicher Beizettel kleineren Formats, der mit einem Faden eingeheftet ist.
    Die Anlage ist (wie bei vielen Schöppenbüchern) nicht chronologisch erfolgt, sondern nach den Kaufverträgen der einzelnen Höfe und Liegenschaften. Dahinter wurden jeweils einige Blätter frei gelassen, die zur Eintragung der zugehörigen Angelder, Erbegelder, Verzichte usw. dienten. Wenn der hierfür vorgesehene Platz dann doch nicht ausreichte, musste an anderer Stelle, wo noch Platz vorhanden war, fortgefahren werden.

4. Schreiber:

    Entsprechend der langen Abfassungszeit des Schöppenbuchs sind mindestens 9 Schreiberhände zu unterscheiden. Ein Schreiber, Martinus Blumel oder Blummel (genannt 1594, 1596, 1598 in Nr. 115, 710, 863), wird als Schreiber alhir bezeichnet und lässt sich somit als eine der Haupthände identifizieren. Auch Melcher Seidel oder Melchyor Seydel (1578 in Nr. 561, 811) wird als Schreiber und tzu Joraw ansässig bezeichnet und kann daher als Schreiber zahlreicher Eintragungen gelten. Im Jahr 1582 ist Martthinn knobelstdorff viermal als der herrschafft diener vnd Schreyber tzu kratzkaw bezeichnet (Nr. 231, 694, 721, 739). Nur einmal erwähnt wird der herrschaftliche Diener Vrban kopiesch als schreiber zu kratzke (1588 in Nr. 532). Doch stammen die Nennungen von knobelstdorff und kopiesch aus den mutmaßlichen Händen Seydels und Blumels. Daher lassen sich ihren Händen keine Eintragungen zuweisen.

5. Zur Transkription:

    Die vorliegende Transkription wurde anhand des Originals angefertigt und erfolgte in diplomatischer Weise. Es wurde nach folgenden Grundsätzen verfahren:
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- Die vom Herausgeber ergänzte fortlaufende Nummerierung erscheint kursiv in kursiven eckigen Klammern vor jeder Eintragung, ebenso wie ergänzte Verweise und Angaben zur Position des folgenden Textes.
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Hamburg im Januar 2015.